Ein völlig falscher Eindruck wird vermittelt
Beim Verbot von Eigenheimen und Erbbaurechte wird ein völlig falscher Eindruck vermittelt.
Zunächst sollte man wissen, dass Wohnimmobilien eine wirtschaftliche Nutzungsdauer von 60 bis 80 Jahren haben. Durch fortlaufende Modernisierungen verlängert sich diese auch leicht auf mehr als 100 Jahre. Das dies keine Ausnahmen sind weiß jeder, der sich schon einmal schöne Altbauwohnungen angeschaut hat. Wenn wir uns also mit Themen wie Ausweitung von Bauland und zukünftige Wohnformen beschäftigen wollen, müssen wir als weit in die Zukunft schauen, um gute Entscheidungen treffen zu können.
Aber wie finden wir gute Entscheidungsgrundlagen? Im Mai 2020 las ich in dem renommierten medizinischen Fachjournal „The Lancet“ eine interessante Studie über die Bevölkerungsverschiebungen[1]. Das Ergebnis dieser Studie ist, dass die Forscher in ihrer Studie [2] zu dem Ergebnis kommen, das sich der momentane Anstieg der Weltbevölkerung verlangsamt und 2064 seinen Höhepunkt erreicht haben könnte. Danach rechnen sie mit einem schrumpfen und glauben das schon im Jahre 2100 deutlich weniger Menschen auf der Erde leben als heute.
Berichtet wurde darüber in Deutschland unter anderem in der Tagesschau[3] und der FAZ[4].
Das statistische Bundesamt rechnet für Deutschland sogar schon für das Jahr 2035 mit dem Wendepunkt hin zur schrumpfenden Bevölkerung[5].

Selbiges gilt für NRW[6]. Weitere für unsere Untersuchung wichtigen Annahmen: In Deutschland nimmt die Anzahl der 1-Personen Haushalte stetig zu. Auch die durchschnittliche Geburtenziffer „TFR“ [total fertility rate] lag bundesweit 2019 von Ehepaaren bei 1,75, von Lebensgemeinschaften bei 1,49 und von Alleinerziehenden bei 1,41[7]. In Köln waren es im Jahr 2017 1,39[8] und 2020 nur noch 1,26 Geburten je Frau[9]. Um eine stabile Bevölkerungszahl zu erhalten wäre ein Wert von >2 notwendig. Auch wenn man zukünftigen Wanderungsbewegungen (Zu- und Wegzug) mit einbezieht, haben wir zukünftig in Deutschland eine abnehmende Wohnbevölkerung (siehe Grafik oben).
Somit können wir zwei Entwicklungen in Köln beobachten, die Zahl der Singlehaushalte nimmt zu, während gleichzeitig die Geburtenrate weiter sinkt. Die Zuwanderung wurde in den Annahmen der letzten Wachstumsprognose für Köln linear angesetzt, dies wird künftig angepasst werden.[10]
Wie können wir denn nun zunächst auf Grundlage dieser beiden Prognosen verantwortungsbewusst unsere Stadtentwicklung anpassen? Zunächst muss Wohnraum für Singles geschaffen werden. Die kann leicht in der Innenstadt und den direkt angrenzenden Stadtbezirken geschehen, da hier ohne weiteres die bislang in Köln vorrangige Bauhöhe von vier Vollgeschossen auf mindestens sechs Vollgeschosse plus Dachgeschossausbau erhöht werden könnte. Aber auch eine Überbauung von Parkplätzen mit „Häuser auf Stelzen“ wäre eine intelligente Form der Bebauung.
Wenn es genügend Möglichkeiten gibt, Wohnraum im Stadtinneren zu verdichten, macht es macht keinen Sinn wertvolle Flächen am Stadtrand mit Mehrfamilienhäusern zu bebauen. Diese könnten an Anbetracht ihrer langen Nutzbarkeit schon nach einigen Jahren leer stehen, weil sie für Singles zu weit draußen liegen.

In einer Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln, die zu diesem Thema erschienen ist, wurde festgestellt, dass die meisten Eltern ein Einfamilienhaus am Rande der Stadt wollen. Demnach ist diese Wohnform den meisten Menschen besonders wichtig, weil sie auch an ihnen eine Garage und einen Garten schätzen. Große Mehrfamilienhäuser sind dagegen besonders unbeliebt.[11]
Unsere Innenstädte haben viel zu bieten an Kultur, an Gastronomie, Shoppingerlebnissen, Kinos und neben anderen Freizeitaktivitäten auch Arbeitsplätzen. Aber genauso wenig hat sie Räume für Kinder sich zu entfalten.
So wie wir neuen Fläche für Singles im Stadtzentrum brauchen, brauchen wir weitere Flächen am Stadtrand, um die Nachfrage nach Eigenheimen zu decken. Dabei sind Einfamilienhäuser ökologisch und ökonomisch betrachtet zukunftsfähig. Schon in absehbarer Zeit wird es möglich sein, über Photovoltaik die gesamte Stromversorgung inklusive der Beheizung und Kühlung mittels Erdwärme eines Einfamilienhauses zu erreichen. In Kombination mit einer verstärkten Dämmung erreichen wir ein angenehmes Wohnklima und auch eine größtmögliche Autarkie von großen Stromkonzernen und städtischen Gesellschaften. Dies schafft Unabhängigkeit und Freiheit von großen Energiekonzernen. Ein Blick aus der Vogelperspektive auf die Einfamilienhausgebiete der Städte zeigt grüne urbane Flächen, die rund um die Eigenheime entstanden sind.
Schauen wir uns den Geschoßwohnungsbau genauer an, fällt auf, dass durch Mehrfamilienhäuser sehr viel mehr Fläche pro Haus verbraucht wird. Darüber hinaus wird Raum zwischen den Häusern durch Wege versiegelt. Tiefgaragen sorgen dafür, dass die Wasser tragende Schicht des Bodens weiter nach unten gedrückt und der Boden angesichts des enormen Gewichts der Bebauung zusammengepresst wird. Sehr oft werden auch Tiefgaragen nicht unter, sondern zwischen den Häusern gebaut, um somit genügend Keller und Nutzräume unter den Häusern zu erstellen. Auf den Tiefgaragen werden dann die Gärten erreichtet, wodurch eine unsichtbare unterirdische Versiegelung entsteht. Als Folge von Geschosswohnungsbau trocken gesunde, feuchte Böden weiter aus.
Betrachten wir die Nutzungsdauer von Wohngebäuden, die Bedürfnisse von Singles und Familien, wären die vorstehenden Maßnahmen ein richtiger Ansatz.
Mobilität wird unser Leben mit verändern

Nicht nur unsere Art zu wohnen wird sich ändern, sondern auch unsere Mobilität. Sobald das autonome Fahren in Deutschland zugelassen wird und in die Produktionsreife geht, verliert das eigene Auto immer mehr an Bedeutung. An seiner Stelle werden kleine Smart-Cars treten, die über unser Handy angefordert werden und uns selbständig dorthin fahren, wo wir hinmöchten; vorzugsweise zum Arbeitsplatz, in die Innenstadt zum Einkaufen oder Flanieren. Dort angekommen steht uns dann der E-Roller zur Verfügung. Das Smart-Car wird nicht parken und sich direkt wieder auf den Weg begeben zum nächsten Fahrgast. Die Distanz zwischen Vororten und der Innenstadt wird dadurch, nicht nur für Erwachsenen, sondern auch für Jugendliche überwindbarer und individueller.
Wir können vielleicht davon ausgehen, dass das Carsharing unsere eigenen Autos nicht vollständig ablöst, aber es wird im Alltag zur Fahrt in die Innenstadt nicht mehr weg zu denken sein. Das eigene Auto fährt dann mit Strom oder Wasserstoff und es wird wohl nur noch ein Auto in der Garage stehen. Beides kann auf dem eigenen Grundstück mit der eigenen Energie betankt beziehungsweise geladen werden.
Das Einfamilienhaus als Rentenvorsorge
Im Jahr 1989 wurde mit dem „Gesetz betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung“ während der Regierungszeit Bismarcks unser

Rentensystem geschaffen. Es basiert auf ein Umlageverfahren und funktioniert nur so lange die Zahl der Einzahler stetig wesentlich höher liegt, als die die Zahl der Bezieher. Während im Jahr 1890 die Lebenserwartung bei Männern noch bei 40 Jahren und bei Frauen bei 45 Jahren lag, werden heute Männer 78 Jahre und Frauen 82 Jahre alt[12]. Wir haben neben dem Geburtenrückgang auch noch eine sehr viel höhere Lebenserwartung. Das Umlageverfahren lässt sich so nicht mehr aufrecht halten.
Wir kommen daher gar nicht mehr ohne zusätzliche private Rentenversorgung aus. Das Einfamilienhaus biete hier eine sehr gute und sehr sichere Möglichkeit. Mit dem Erwerb von Einfamilienhäusern schaffen wir Eigentum und im Alter ist das Eigenheim dann abbezahlt. Während Mieter weiterhin Miete zahlen müssen, wohnen Eigenheimbesitzer im Rentenalter miet- und zinsfrei. Das Haus kann später auf die Kinder vererbt werden. Diese könnten dann schon recht früh, statt Miete zu bezahlen, in eine weitere private Rentenform investieren.
Für den Eigentümer besteht aber auch noch die Möglichkeit sein Haus zu Lebzeiten verrenten zu lassen. Hierzu wird das Haus verkauft, ein Wohn- und Nießbrauchrecht eingetragen. Der Kaufpreis kann ganz oder auch zum Teil in eine Sofortrente einzahlt werden. So kann der bisherige Eigentümer miet- und zinsfrei wohnen bleiben und seine Rente aufstocken.
Bau von Wohnungen im Erbbaurecht
Eine Verrentung von Immobilien geht auch mit Eigentumswohnungen, wobei hier die Kaufpreise geringer sind und somit auch die Verrentung nicht so hoch ausfällt. Die Mehrheitsfraktionen im Rat wollen dagegen Geschoßwohnungsbau nur noch im Erbbaurecht und als Mietwohnungen zulassen. Dadurch kommt ein Verrentungsmodell nicht mehr zum Tragen. Selbst wenn diese Wohnungen als Eigentumswohnungen angeboten werden würden, wird im Erbbraurecht kein Eigentum an Grund und Boden eingeräumt.

Was ist mit dem Argument, wir brauchen öffentlich geförderten Wohnungsbau, um die Wohnungsnot zu lindern? Mit jeder Wohnung im Eigentum wird auch immer eine andere Wohnung frei und löst eine Kettenreaktion aus, die quer durch alle sozialen Schichten nach unten runter geht. Jeder Wohnungswechsel schafft auch die Chance zur Wohnungsmodernisierung, insbesondere im Hinblick auf energetische Maßnahmen. Diese, für die Modernisierung des Bestands so wichtige Kettenreaktion entfällt, wenn es nur eine Verschiebung innerhalb einer sozialen Schicht gibt.
Ist es zudem nicht wichtiger Sicherungsmodelle zur Altersversorgung für die Mitte der Gesellschaft zu schaffen? Wenn hier nichts geschieht, wird diese Mitte abrutschen und wer ist dann noch da, der unsere Gesellschaft tragen kann?
Im Mittelalter wurde über das Lehnswesen Macht ausgeübt. Das Eigentum blieb bei den Fürsten und wurde an den niedrigen Adel (den Vasallen) verliehen. Diese beschäftigten das Volk auf den Feldern.
Heute liegt diese Souveränität beim Volk und hier bei jedem einzelnen freien Individuum. Aus welchem Grund behält die Stadt das Eigentum bei sich und verkauft es nicht an seine Bürger? Ist es nicht viel sinnvoller, den Einfluss der Stadt zu begrenzen, indem sie ihr vorhandenes Eigentum an seine Bürger, dem Souverän verkauft?
Neben dieser politischen Frage gibt es auch noch wirtschaftliche Betrachtung. Erbbaugrundstücke wurden im letzten Jahrhundert vergeben, damit in Zeiten der Hochzinsphase die hohen Grundstückspreise kompensiert werden konnten. In Zeiten von niedrigen Zinsen, sind Erbbauzinsen für Erbbaugrundstücke teurer als Kreditzinsen für Grundstücke im Volleigentum.
Zinsen für ein Grundstücksdarlehen können über mehrere Jahre, bis hin zum Ende der Laufzeit festschreiben werden, danach sind sie zinsfrei. Erbbauzinsen hingegen steigen im Laufe der Zeit und werden über 99 Jahre gezahlt. Danach fällt das Grundstück an den Erbbaurechtsgeber zurück (Heimfall).
Ein Erbbaumodel ist daher für die Rentenvorsorge unbrauchbar. Statt Geld anzusparen, muss ein Erbbaurechtsnehmer immer mehr für Wohnen zahlen. In diesem Fall sind die Städte, die Einzigen, die daran verdienen. Sie nehmen damit dem Bürger eine Möglichkeit einen wesentlichen Teil seine Rente selbst zu sichern.
[1] The Lancet vom Juni 2020
[2] Fertility, mortality, migration, and population scenarios for 195 countries and territories from 2017 to 2100: a forecasting analysis for the Global Burden of Disease Study
[3] Tagesschau online vom 15.07.2020
[4] FAZ vom 15.07.2020
[5] Statistisches Bundesamt 2021
[6] Landesbetrieb IT.NRW
[7] Bundeszentrale für politische Bildung vom 23.03.2021
[8] Mitteilung der Verwaltung 3919/2018 vom 12.12.2019
[9] Kölner Statistische Nachrichten 5/2021 vom 26.03.2021
[10] Kölner Bevölkerungsstatistik fehlerhaft?
[11] Presseerklärung des IW vom 22.03.2021
[12] Sterbetafel 2017/2019